Archiv zum Thema: Klischee

Komplett Puzzlegeil

Auf einer Party beginne ich noch vor dem Kennenlernen damit, den heißen Typ bis kleinste Detail zu mustern, um mir ein umfassendes Bild bilden zu können.
Auch wenn ich ihn eigentlich als Ganzes betrachten wollte, muss ich feststellen, dass sich
Vergangenheit und Charakter eines Mannes meist aus mehreren Teilen zusammensetzen.

Der Anspruch: Widerspruchsfrei und komplett soll das Bild bitte bleiben,
und sich mit meinem ersten, makellosen Eindruck decken.
Klar, dass ich mich zuerst auf das Offensichtliche beschränken muss,
das Wesentliche offenbart sich mir dann nach und nach.

Aufmerksam sammle ich alles, was ich bekomme: Sätze, Gesten, Charakterzüge…

Aber sind es die Details, in die ich mich verlieben will?
Ist es nicht vielmehr das große Ganze, das mir sofort den Atem raubt?
Ich beziehe mich da auf seine Erscheinung, sein Auftreten, ja seine Präsenz.

Wehe, wenn ich merke, dass das wichtigste Puzzleteil fehlt, weil das Teil mit dem Herz noch beim Ex liegt!
Oder schlimmer: wenn am Ende das beste Stück zu kurz kommt!
Denn es gilt, möglichst früh am Abend zu checken, bei welchem Mann viel Potenzial vorhanden ist, und wo noch viel Potenz verborgen liegt.

DER Artikel. Über meine Homosexualität, Schubladen und TV-Musicals.

Dieser Artikel ist episch. Episch, wegen seiner enormen Länge. Episch, weil es endlich an der Zeit war, dass ich diesen Text schreibe. Episch, weil er endlich mal Klartext über das heutige Schwulsein redet.

Ernsthaft, ich habe Glee kennen und lieben gelernt. Glee, das ist die Serie im US-TV, die neben Gesangseinlagen auch eine hohe Minderheitenquote aufweist.

So finden wir, neben dem Jungen im Rollstuhl, der übergewichtigen und stimmgewaltigen Schwarzen Afroamerikanerin und der schwangeren Cheerleaderin, auch den modebewussten, sensiblen Schwulen, der auf den singenden Quarterback steht, ohne wirklich auch nur den Hauch einer Chance bei ihm zu haben.

Ernsthaft. Damit soll ich mich identifizieren?


Platt und steif

Wir Schwulen lieben uns und fröhnen dieser Lust.
Hinter jeder Ecke lauern Doppeldeutigkeiten:
So hat jeder Lausbub gleich mehrfach Dreck am Stecken.

Die Braven schreien sofort „Igitt, Bääh“ und rümpfen sich die Nase.
So viel Sex, da bliebe die Liebe unter der Decke!

Banane, Nüsse, Eier: für die Harten scheint die Welt aus Phallusobjekten zu bestehen.
Die anderen haben ihre Schokolade lieber zartbitter.

Dein Umfeld, deine Orientierung. Es ist dein Weltbild, deine Wahl.
Wenn deine Welt mit gezupften Augenbrauen noch rosiger strahlt, weil sie so gut deiner Brille schmeicheln…

Und er hört mitten im Schreiben auf. Es bleibt seine versexte Wortwahl.
Denn bis zum Schluss ist er trotzdem nicht gekommen.

Ein kurzes Glimmen

Der Körper. Noch nicht dürr, sondern schlank. Weiblich graziös nimmt er Platz, steckt sich schon die erste Zigarette an.

Zwischen zwei gestreckten Fingern wird sie zum Mund geführt, einmal kräftig daran gesogen, während die Hand eine Vierteldrehung vollführt und nun mit dem Arm eine Linie bildet, der Glimmstengel steht kongruent ab.

Der Höhepunkt dieses Rituals folgt anschließend, als die Hand samt Zigarette Richtung Boden abknickt und dort in gebeugter Haltung verharrt.

Das Bild eines Jungens im Café. Er wartet auf sein Date. Er trägt sein bestes Make-Up, in der Hoffnung, an der Parfümwolkenfront auf schönes Wetter zu stoßen.

Dieser lesenswerte Artikel wurde am 30. April 2008 das erste Mal veröffentlicht

Checkliste: Outing

Er hat sich bei sich selbst geoutet. Er hat sich so akzeptiert, wie er ist. Er hat es seinen Eltern gesagt, seiner Mutter und seinem Vater. Seinen Freunden, seinen Schulkameraden, seinen Bekannten. Alle sollen es wissen, und alle wissen es jetzt.

Er ist stolz und freut sich. Denn jetzt, jetzt können die süßen Jungs kommen!

Stolz und schwul drauf

Die Regenbogenfahne in deinem Profil zeigt: du bist schwul, durch und durch.
Du hast damit kein Problem, du stehst zu dir, deinen Gefühlen und deiner – zugegebenermaßen – auffälligen Art. So oder so hast du also keinen Grund, dich zu verstecken.

Schon als kleines Mädchen war dir klar: wenn du groß bist, wirst du schwul! Du bist stolz auf das, was du bist. Stolz auf deine Homosexualität.

Da stellt sich mir eine Frage:
Muss ich selbst das jetzt auch allen auf die Nase binden, Demonstrationen organisieren, Selbsthilfegruppen gründen, Flyer verteilen, mir die Augenbrauen zupfen, den Intimbereich rasieren, ein Myspaceprofil eröffnen…

*lufthol*

…um nicht intolerant mir selbst gegenüber zu sein?

Dipolsche Zoologie #1: Jungtiere

Beginnen wir unsere Reise durch die bunte Artenvielfalt der Tiere mit den Kleinsten: die Jung- oder auch Beuteltiere genannt.

Ihr Augen gewöhnen sich nur langsam an den Anblick der fremdartigen Welt, die sich ihnen nach ihrer Geburt offenbart. Lichtblitze in jeder erdenklichen Farbe und hämmernde Bässe erschweren die Orientierung. Jedoch entgeht ihnen nicht, dass sie nicht alleine sind.

Ihre Artgenossen, die trotz dem männlichen Geschlecht in der Fachsprache mehrheitlich als „Schwestern“ bezeichnet werden, liegen auf der Pirsch. Die genauen Absichten vermag auch ein erfahrener Rudelführer nicht immer zu durchschauen.

Mutige Jungtiere wagen bald den ersten Schritt ins Jagdrevier anderer Tiere, und werden leider nur allzu schnell zur leichten Beute.

Bildcredit: Zoo Antwerpen von peter ijdema bei Flickr