Archiv zum Thema: Einsamkeit

Schwuler Winterschlaf

Ich habe mich verkrochen.
Es gilt, eine Durststrecke zu überwinden.
Auf halber Strecke gingen mir die Vorräte aus, ich wurde schwach und fiel.
Fiel in einen Schlaf.
Ein komatöser Dämmerzustand.

Wann ich aufwachen werde? Schwer zu sagen.
Zum Aufstehen fehlt mir die Kraft, mein Kopf ist leer.
Die Illusionen sind verschwunden.

Dann drückte sich die Realität durch einen winzigen Spalt hinein.
Ein eisiger Windhauch, so kalt, dass er auf der Haut brennt.
„Du bist nicht da, um mich zu wärmen“, möchte ich rufen.

Doch es gibt kein Du mehr. Es gab nie ein Du für mich.
Es gibt ein unbestimmtes, verzweifeltes „Ihr“.
Irgendjemand von Euch.
Aber natürlich meine ich nicht irgendwen.

Und so warte ich, lese Buch um Buch, versuche meine bittere Realität mit Illusionen wohnhafter zu gestalten. Und siehe da, es funktioniert.
„Der Winter naht“, ruft es mir entgegen.
Ich schmunzele, weil der Winter schon längst da ist.

Wie in diesem Buch kommt nach einigen Jahren auch wieder ein Sommer.
Auch die Figuren warten auf den einen, den endlosen Sommer.
Und bis es soweit ist, halte ich einfach schwulen Winterschlaf.

22.4.2012

Hoffnungslos überfragt.

Fragen in meinem Kopf.
Wie wird er sein?
Wie wird er aussehen?
Wie wird er riechen?
Wie wird er schmecken?
Wie wird er sich anfühlen?
Wie wird er mich behandeln?
Wie wird er mich fühlen lassen?
Wie wird er küssen?
Wie wird er heißen?
Wie wird er bestückt sein?
Wie wird er mir begegnen?
Wie wird er mir den Atem rauben?
Wie wird es dazu kommen?
Wo werden wir uns begegnen?
Wann wird es endlich so weit sein?

Fragen werden lauter, hören nicht auf. Es hat keinen Sinn, innere Mauern aufzubauen, zum Schutz, zur Verteidigung. Die Fragen prallen an den Wänden zwar, sie addieren sich und das Echo verstärkt sich, sie hallen nur umso lauter und schneller. Ich will aufhören zu rufen, doch dann würde mich ja niemand mehr hören.

Aus Mangel an Alternativen

Doch nachts wird es kalt. Ich habe lange ohne Dich gefroren. Mir warme Gedanken gemacht.
Gezittert habe ich jedoch immer.
Wenn es ungewiss war, ob ich dich heute wieder sehen würde.
Wenn ich dich dann erblickte und du dich, wie in Zeitlupe, auf mich zubewegt hast.
Wenn ich mich nicht traute, viel zu sagen, es aber trotzdem schön fand, in deiner Nähe zu sein.

Heute könnte ich mich mal wieder verlieben. In dich.
Du bist kein Model. Du bist alles, wovon ich nie zu träumen gewagt habe.
Aus Mangel an Alternativen friere ich noch immer.

Vereinsarm

Ich warte auf den einen, mit dem die Einsamkeit erträglich wird. Frust.
Ich bin gefrustet. Ich muss es mal so deutlich sagen,
sonst denkt wieder jemand, hinter einer Metapher schreie ich eigentlich nur laut „FICKEN“.
Nein, das tue ich nicht. Ich will eigentlich nur meine Ruhe.
Genau. Lasst mich bitte in Ruhe. Danke.

Halt. Moment.

Es ist ja nicht so, dass ich keine Menschen mag.
Ich mag sie, aber nicht dauernd.
Und auch meist dann nur, wenn ich gute Laune habe
und / oder ich gerade etwas tolles gegessen habe
(hängt evt mit dem Blutzuckerspiegel zusammen, ich bin kein Arzt).
Oder sich mein generell lebenswert anfühlt.
Wenn ich mich wertvoll fühle.
Wertvoll genug, um gute Laune zu habe, sie nicht nur zu heucheln.
Lächeln kostet mich nichts, nur Kraft.

Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht dauernd meine Augen offen,
als scannte ich nicht jeden Körper, jedes Gesicht und (so gut es geht) jeden Geist.
Charakter, oder wie man das nennt.
So ein einfacher Scan, darin bin ich recht gut, wenn auch nicht perfekt,
ergab leider bisher: nichts.

Nichts in Reichweite, nichts greifbares, alles unerreichbar,
furchtbar weit weg, oder nicht gewillt oder einfach zu feige.
Mehr als betteln kann ich nicht, aber dem bin ich überdrüssig,
davon habe ich mich emanzipiert.

Was nützt mir eine gewünschte Beziehung, die in meinem Kopf so hoch perfekt ist,
und sie in der Realität mehr als „gut genug“ wäre,
doch das reale Gegenstück mir ein einziges Signal sendet: nämlich keins.
Warten kostet mich nichts, nur Zeit.

Aber es erspart mir die Enttäuschung,
die kommt nämlich erst, wenn das Warten vorbei ist:
Wenn endlich, wie in Zeitlupe, die Illusion auf dem Boden der Tatsachen zerschellt ist.
Wenn sich alles auflöst und alle Mühe, alle Kraft, alle Arbeit, alle Hoffnung
– alles sich als das entpuppt, was es war: nämlich nichts.

Was ich sagen möchte, aber nicht dir im speziellen und schon gar nicht euch im Allgemeinen: Ich bin so schrecklich einsam. Und keiner da, der das ändern darf.

23. Dezember: Einsamkeit mit Stil

Auf Achse, ständig in Bewegung, kaum daheim.
Immerhin oben ohne, doch das hilft wohl nicht über die Leere hinweg.
Fehler begehen, um Verzeihung bitten, auf Vergebung hoffen.
Der Song ist von Mumford & Sons – „Little Lion Man“
Und morgen ist Weihnachten.

Ich habe ein Mikrofon, bin betrunken und gestehe.

Durch die Dunkelheit hallen meine Schritte, das Holz knarzt, als ich die Bühne betrete.
Es blendet auf, das Scheinwerferlicht, beleuchtet mich frontal.
Ich habe ein Mikrofon, bin betrunken und gestehe.

Macht doch was ihr wollt!
Es betrifft mich nicht, denke ich oft. Denn ich bin anders.
Nicht so wie ihr!
Ich kenne euch nicht und will eigentlich auch nichts mit euch zu tun haben.
Klar, ich mag Gesellschaft, am liebsten in starken Armen, in denen ich mich geborgen fühlen kann.
Aber ich bin überzeugt, dass ich mich mit keinem von euch so fühlen kann.
Lasst mich allein, denn ich bin allein!

Kein Applaus, nur Stille. Ist das Publikum anwesend?
Ich weiß nicht wohin, ich weiß nur: wenn ich jetzt hier stehen bleibe, komme ich nie mehr fort.

(P)Reservativ

Ich habe etwas zu verschenken, es ist nicht viel, aber es ist alles was ich habe. Mehr kann ich ihm nicht geben, doch es ist mein größtes Geschenk.

Mein reines Herz habe ich für ihn aufbewahrt, es befindet sich bruchsicher verpackt im Karton. Für ihn, meinen Auserwählten. So warte ich hier, mit dem Geschenk in der Hand. Ich warte nicht vergebens, denn der Empfänger versprach, es abzuholen.

Ich mag es nicht einfach so an jemand anderes verschenken. Oft war die Versuchung groß. Doch ich konnte die Gefahr noch rechtzeitig bannen,
So passe ich darauf auf, trage es am Körper. Viele hätten es beinahe zum Schmelzen gebracht, doch ich blieb kalt genug, um es zu bewahren.

Denn ich will ihm ein reines, unverbrauchtes Herz schenken. Es soll nicht so enden wie bei den anderen, deren Herz kaputt ging, voller Löcher und mehr schlecht als recht (und nächtelang) gestopft wurde.

Mein Herz soll kein Flickenteppich werden, den er vor dem Ficken erst zu ende stricken muss.