Was bisher geschah: Teil 1 / Teil 2
Der Kleine hat sich beruhigt und auch der Wohnung geht es langsam wieder besser. Der Kleine wird den Tag über schluchzend im Bett verbringen – ich hatte ja gleich ein ungutes Gefühl bei Augustin, aber der Kleine wurde sofort von der Verliebtheit geblendet.
Ich bin heute eine schlechte Hausfrau, meine Vorgehensweise ähnelt eher der eines Privatdetektivs.
Ich rekonstruiere die fehlenden Puzzleteile des letzten Abends. Eigentlich ist mir das noch nie passiert, aber scheinbar gibt es für jede Gedächtnislücke ein erstes Mal – sofern man sich überhaupt an sie erinnert.
Es ist ja nicht so, als wüsste ich überhaupt nichts mehr. Valentin war da, das steht außer Frage. Reste des Nudelauflaufs finden sich auf dem Boden zwischen Küche und Wohnbereich.
Ich zähle insgesamt sieben Sektgläser auf dem Wohnzimmertisch. Genau, es waren Freunde zum Vorglühen da. „Die Schwestern“, wie Valentin sie nennt. Er meint das nicht einmal abfällig, denn unsere Clique besteht nichtmal wirklich aus warmen Brüdern.
Wir vermuten ja sogar, dass Torben gar nicht wirklich schwul ist, jedenfalls hat noch niemand von uns ihn mit einem Typen rumknutschen sehen oder so. Nicht, dass das ein Problem wäre, aber so ein bisschen wundert man sich ja dann schon.
Ich gehe die Runde im Kopf durch. Und was ist mit Bruno? Fast trete ich in ein achtes Sektglas, das betrunken unter dem Tisch liegt. Bruno kam etwas später und konnte kaum das Sektglas halten, geschweige denn, es zurück auf den Tisch stellen.
Julian war auch da. Damit wären alle Partygäste beisammen. Der Kleine war nicht da, ich konnte ihn aber überreden, wenigstens später noch zur Party zu kommen. Hoffentlich gibt er am Ende nicht mir die Schuld…
Das Motto der Party… es gab ein Motto, mir fällt es allerdings nicht mehr ein. Irgendetwas Albernes war es. So albern, dass ich mich noch gefragt habe, wie überhaupt jemand auf die Idee käme, eine komplette Party unter dieses Motto zu stellen.
Abgeschleppt! Ich habe einen Kerl mit nach Hause genommen. Ja. Ich muss kichern. Valentin, wen auch sonst.
Die Party bleibt aber erstmal nur ein Schleier aus Blüttenblättern, Herzen und Gedankenfetzen, drehend wie in einer Klospülung. Moment. Das Rauschen der Klospülung kommt nicht aus meinem Kopf, sondern aus dem Gästeklo!
„Valentin, bist du noch da?“, rufe ich. Mein Herz hüpft, beginnt zu pochen.
Ich höre, wie die Tür aufgeht. Jemand läuft in meine Richtung.
Lasziv gähnend steht er plötzlich im Türrahmen. Gleich an mehreren Stellen unrasiert und nur mit Socken bekleidet – meine Socken – krault er sich am Waschbärbauch.
Ich kann nicht sagen, wer in diesem Moment dümmer aus der Wäsche guckt.
„Wer zur Hölle ist Valentin??“, fragt er schlaftrunken.
O_O