Monthly Archives: Januar 2010

Opis Jugendsünden

Opi hat mich wieder eingeladen. Zu sich in sein Haus am See.
Viele andere Jungs sind immer da, zum spielen.

Abends sitzen wir auf seinem Pelz am Kamin.
Streit gibt es nur gelegentlich, aber die blutigen Nasen haben ihren Ursprung woanders.
Denn nicht nur in der Winterzeit, nein auch im Sommer schneit es regelmäßig.
Meist auf dem Glastisch, wenn wir uns einen Schneemann hineinziehen.

Opi fühlt sich gerne an frühere Zeiten erinnert, als die Betten knapp waren und geteilt werden mussten.
Geschenke verteilt Opi großzügig, wie der Weihnachtsmann.
Je grösser und unartiger man ist, desto weiter vorne steht man auf dem Familienfoto.
Eine tolle Erinnerung für die nächsten Wochen.

Denn irgendwann gehen sie alle, die Jungs.
Sie gehen nicht sofort, nachdem sie sich die Schnauze vollgezogen haben.
Nicht sofort, nachdem sie gekommen sind.
Sie verharren wartend auf bessere Zeiten, auf einen jüngeren Opi, mit noch mehr Kohle in der Tasche.
Doch die wird nicht verbrannt, sondern verjubelt, mit den Jungen.
Auf diese Art versucht Opi, ein Feuer zu entfachen.
Denn so ganz ohne Wärme ist es kalt, so ganz allein, so alt.
Wärme fehlt ihm, in seinem Herz. Er fühlt sich leer.
Doch gestopft werden am Ende immer andere Löcher.

Küss mich (an einer anderen Stelle)

Du willst mich küssen.
Ich zögere. Doch nicht hier!
Wir kennen uns doch noch kaum.
Nicht so, nicht geplant, nicht angekündigt,
nicht in aller Öffentlichkeit, nicht, wenn uns jeder sehen kann!

Versteh mich nicht falsch, nicht, dass ich nicht will!
Ich will nur nicht dabei gesehen werden.
Wir sind nicht zusammen, nicht offiziell.
Vielleicht einander versprochen, aber die Feuerprobe, die müssen wir noch bestehen!

Für lange und langweilige Küsse
haben wir noch unsere ganze Beziehung Zeit!

Ich mag es intim, vielleicht in einer dunklen Ecke.
Dahin können wir uns zurückziehen.
Spontan, wild. Forsch.
Aktiv gehen wir auf Erkundungstour.
In einer Ecke, dunkel, intim.
Heiße Küsse, heißer Atem.
Ohr, Hals, Mund. Mit Zunge.
Ich küsse gut? Ja, du magst meine Lippen.
Wir fummeln ein bisschen.
Ich knabbere dir am Hals, du wirst wild.

So ist es aufregend. Du bist aufregend.
Und es erregt. Mich und meine Aufmerksamkeit.
Wir kennen uns noch kaum.

Deshalb, küss mich nicht hier!
Wir wärs… dort drüben?

(P)Reservativ

Ich habe etwas zu verschenken, es ist nicht viel, aber es ist alles was ich habe. Mehr kann ich ihm nicht geben, doch es ist mein größtes Geschenk.

Mein reines Herz habe ich für ihn aufbewahrt, es befindet sich bruchsicher verpackt im Karton. Für ihn, meinen Auserwählten. So warte ich hier, mit dem Geschenk in der Hand. Ich warte nicht vergebens, denn der Empfänger versprach, es abzuholen.

Ich mag es nicht einfach so an jemand anderes verschenken. Oft war die Versuchung groß. Doch ich konnte die Gefahr noch rechtzeitig bannen,
So passe ich darauf auf, trage es am Körper. Viele hätten es beinahe zum Schmelzen gebracht, doch ich blieb kalt genug, um es zu bewahren.

Denn ich will ihm ein reines, unverbrauchtes Herz schenken. Es soll nicht so enden wie bei den anderen, deren Herz kaputt ging, voller Löcher und mehr schlecht als recht (und nächtelang) gestopft wurde.

Mein Herz soll kein Flickenteppich werden, den er vor dem Ficken erst zu ende stricken muss.

Ein kurzes Glimmen

Der Körper. Noch nicht dürr, sondern schlank. Weiblich graziös nimmt er Platz, steckt sich schon die erste Zigarette an.

Zwischen zwei gestreckten Fingern wird sie zum Mund geführt, einmal kräftig daran gesogen, während die Hand eine Vierteldrehung vollführt und nun mit dem Arm eine Linie bildet, der Glimmstengel steht kongruent ab.

Der Höhepunkt dieses Rituals folgt anschließend, als die Hand samt Zigarette Richtung Boden abknickt und dort in gebeugter Haltung verharrt.

Das Bild eines Jungens im Café. Er wartet auf sein Date. Er trägt sein bestes Make-Up, in der Hoffnung, an der Parfümwolkenfront auf schönes Wetter zu stoßen.

Dieser lesenswerte Artikel wurde am 30. April 2008 das erste Mal veröffentlicht

Sublimierung

Er lächelt, er grinst, er strahlt vor Freude. Es dringt aus seinem Inneren nach außen. Es scheint, als besitze er eine versteckte Quelle voller Zuversicht. Kraft spendend, für alles, was er sich vornimmt. Wissend grinst er, verheißungsvoll bis in die Mundwinkel.

Er sieht keine Probleme, keine Hindernisse, nein, er sieht Chancen – und er versteht es, diese zu ergreifen und zu nutzen. Er wankt nicht, jeder seine Schritte wirkt leichtfüßig, ja elegant sogar. Er weiß was er will, er hat schon viel erreicht. Seinen durchtrainierten Luxuskörper gab es gratis dazu.

Ich versuche, mit ihm mitzuhalten. Aber meine Batterien besitzen nicht die gleiche Energie, die er an den Tag legt. Einen Tag kann ich Schritt halten, morgen gerate ich ins Straucheln und bleibe auf der Strecke.

Er lacht der Dunkelheit ins Gesicht, verjagt die bösen Geister. Und er zieht das Licht an. Großartige Menschen, die seine Gesellschaft suchen, strahlende Gestalten – und mich, das Häufchen elend.
Er erkennt sofort, wie es mir geht. Das schätze ich so an ihm.

Ich bin verloren. Geistig abwesend, träumend und verdrängend stehe ich da, beobachte ihn.
„Was ist los?“, fragt er. „Lächle mal!“, er kitzelt mich. Ich muss lacheln, dann wehre ich mich und versuche, ihn wegzustoßen.

„Was ist dein verdammtes Geheimnis“, rufe ich. „Verrate es mir! Ich tue alles, was du willst!“

Da wird er ernst, sehr ernst. „Es geht darum, was Du willst. Es ist so einfach! Es verhält sich wie mit diesem Text: mit einem Lächeln fängt es an.“

Ich halte inne… „Und dann? Wie geht es weiter?“
Er zieht mich zu sich. „Dann…“, flüstert er leise und küsst mich.

Sara Bareilles – Gravity

Ich kam einfach nicht von ihm los. Tagelang lief dieser Song in der Schleife. Immer und immer wieder durchlebte ich die Höhen und Tiefen im Takt der Musik.

Röntgenschlampe!

Du erbärmliches Kind! Schau dich an! Erkennst du nicht, wie traurig es ist, was du da machst? Der „Erfolg“ scheint dir zu Kopf gestiegen. Das nennst du Erfolg? Ein paar Leute, die dir Honig um den Mund schmieren, weil sie vermuten, dass du einen geilen Arsch besitzt?

Klar, den zeigst du nicht her, nein. Von dir gibt es keine Videos, in denen du dir Dildos in den Hintern, oder Reißzwecken in die Eichel stichst. Schade, denn was du da machst, ist viel schlimmer. Du ziehst dich aus, innerlich. Dein Seelenstrip könnte nackter nicht sein!

Alles, alles aus deinem einsamen, traurigen Leben musst du ins Internet stellen. Du stellst dein Innerstes zur Schau! Hast du keine Freunde, denen du das erzählen kannst?

Oh weh, es gibt sie nicht. Niemand in deinem Kaff, das so eingeschlafen ist, dass man nicht einmal mehr das taube Kribblen im Arm spürt, versteht dich. Du wirst für das gehasst, was du bist. Du bist schwul. Und noch dazu ganz allein.

Welch kläglicher Versuch eines erfolglosen Outings. Spott hat es dir gebracht. Unverständnis, Abneigung. Warum nur konntest du keine Mitkämpfer rekrutieren, die sich neben dich an deine Seite gestellt und ein Bett mit dir geteilt hätten?

Klar, dass da nur die Flucht ins Internet bleibt.
Du denkst vielleicht, du bist unentdeckt, unerkannt – ha, jetzt zeigst du sogar dein scheues Gesicht. Dir wird das Lachen noch vergehen.

Jeder deiner unvorsichtigen, zaghaften Schritte wird beobachtet. Wir warten, bis du gefällst. Denn wir lieben es, dich leiden zu lesen.

Wellenreiten

Mein Kopf ist ein Ozean, jede Welle ein Gedanke.
Dort draussen suche ich nach intelligentem Leben, nach anderen Suchenden.
Er steht am Strand, als Rettungsschwimmer, den Blick immer aufs Meer gerichtet.

Er bekommt von meiner Suche nicht viel mit. Ich habe ein paar mal versucht, den Sinn genauer zu erklären, es aber bald bleiben lassen. Er ist von mir fasziniert, aber sein Körper ist das einzige, das mich an ihm interessiert.

Oh, er ist so heiss. Wie die Wüste in seinem Kopf.

Aber was er zu bieten hat, ist im wahrsten Sinne des Wortes offensichtlich. Er ist ein Mann, der Taten für sich sprechen lässt. Er springt ins Wasser und rettet mich, wenn ich in meinen Gedanken zu ertrinken drohe.

Das klappt recht gut und mir passiert das leider oft. Sein Glück für ihn: sobald er seine Hose ausgezogen hat, setzt auch bei mir der Verstand aus. Dann vögeln wir geistig auf der gleichen Wellenlänge.